Scheinriese: Eine Zahl zeigt, wie schwach die Union im Osten in Wahrheit ist
Die CDU feiert Wahlsiege in Sachsen und Thüringen: Doch die Erfolge stehen auf tönernen Füßen. Nichtmal jeder zweite Wähler gab der Union aus Überzeugung seine Stimme. Schwierige Koalitionen könnten die Union im Osten bald komplett atomisieren.
Die CDU kommt halbwegs gut durch die Wahlen in Thüringen und Sachsen – einen überragenden Erfolg feiert man nicht, aber zumindest bleibt die Union in Sachsen stärkste Kraft und in Thüringen verbessert sie ihr – historisch schlechtes – Ergebnis von 2019. Das ist zwar jetzt immer noch das zweitschlechteste Ergebnis aller Zeiten, aber in Erfurt feiert die Landespartei trotzdem. Mario Voigt lächelt, zeigt Daumen nach oben und ruft: „Wir haben es geschafft“. Aber was eigentlich geschafft?
Ja, die Strategie der Union ist aufgegangen: Sich als die starke Kraft gegen die AfD zu positionieren, hat funktioniert, die Wahlkampf-Strategen haben insofern richtig gewettet. Und ja, die CDU ist zweitplatzierte und damit, wie man jetzt gerne behauptet, die „stärkste demokratische Kraft“ in Thüringen. Damit liegt nahe, dass Mario Voigt mit seiner Partei die Regierung bilden und anführen wird. Aber damit allein ist noch nichts gewonnen. Und in Sachsen weiß auch Ministerpräsident Michael Kretschmer, dass es schwer für ihn wird – seine schwarz-rot-grüne „Kenia-Koalition“ ist abgewählt.
Eine Erhebung zeigt noch am Wahlabend, wie hohl der CDU-Erfolg in Wahrheit ist: In Sachsen haben 52 Prozent, in Thüringen 55 Prozent der CDU-Wähler die Union nur gewählt, „damit die AfD nicht zu viel Einfluss bekommt“. Das ergeben Befragungen der ARD. Stimmen diese Zahlen, wählten nur 16,6 Prozent der CDU-Wähler in Sachsen und 10,6 Prozent der CDU-Wähler in Thüringen die Partei aus Überzeugung. Das wäre dann jeweils das mit Abstand schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Mit Vertrauen in die CDU scheint es im Osten nicht weit her zu sein.
Pyrrhussieg? Die Union steckt im Koalitions-Dilemma
Gemessen daran, dass die CDU ihr Thüringen-Ergebnis ohnehin nur um nicht mal drei Prozent verbessern konnte, sollte in Erfurt eher Angstschweiß statt Freudentänzen angesagt sein. Vor allem, weil die CDU insbesondere in Thüringen jetzt in einer existenziellen Zwickmühle steckt: Eine stabile Mehrheitsregierung kann die Partei nur unter Beteiligung der Linkspartei aufbauen. Tatsächlich ist eine Koalition aus CDU, BSW und Linken die einzige Machtoption ohne die AfD. Für die CDU Thüringen wäre das der Super-Gau.
Zur Linken grenzt sich die Union bundesweit deutlich mit einem Unvereinbarkeitsbeschluss ab – der auch zur DNA der Partei gehört. Aber dieser wackelt jetzt. Zumindest, wenn die Union tatsächlich mit stabiler Mehrheit regieren will. Es ist naheliegend, was das für Folgen hätte: Ein großer Teil der nicht mal 11 Prozent überzeugten CDU-Wähler würde sich von der Partei abwenden.
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Der Landesrechnungshof übt im neuen Jahresbericht zur Berliner Finanzlage massiv Kritik am Grünen-Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Hier soll es in zahlreichen Fällen zu Rechtsbrüchen gekommen sein, die das Land mindestens 1,4 Millionen Euro kosten.In Sachsen ist die Lage etwas entspannter: Aber auch Michael Kretschmer sieht sich in die Ecke gedrängt. Auch hier gilt die „Brandmauer“ gegen die AfD, und eine Koalition mit den Grünen hatte der Ministerpräsident vor der Wahl ausgeschlossen. Für eine Fortsetzung des „Kenia“-Bündnisses würde es ohnehin nicht reichen.
Immerhin: Kretschmer braucht die Linken nicht, um eine Regierung zu bilden. Unter der Maßgabe: keine AfD, keine Grünen, fehlte einem Bündnis mit SPD und Linken auch die Mehrheit im Landtag. Aber mit dem BSW muss er zusammenarbeiten – CDU, BSW und SPD ist das naheliegende, eigentlich das einzig naheliegende Bündnis.
Kretschmer freute sich am Montagmorgen im Deutschlandfunk zunächst, dass man stabile Regierungen bilden kann. Das werde auch gelingen, „wenn man das möchte und erwachsene Menschen sich dem auch verpflichten“, so der Ministerpräsident. „Das wird nicht einfach sein, das wird auch seine Zeit dauern – aber es ist möglich“. Natürlich habe er sich so ein Bündnis „nicht gewünscht“, sagt Kretschmer. Aber am Ende ginge es erst einmal um Inhalte. In der CDU Sachsen sehen viele ein Bündnis mit dem BSW hochkritisch – auch Kretschmer erkennt an, dass diese Frage unter Umständen das Potenzial haben könnte, seine Partei zu zerreißen.
Auch hier gilt: Verspielt die CDU dadurch Vertrauen, verliert sie weiter überzeugte Wähler, von denen es ja ohnehin nur 16 Prozent gibt. Nur auf taktischen Wählern kann man aber keine Partei aufbauen, schon gar keine stabile Regierungs- und Volkspartei. Der CDU-Erfolg im Osten – er steht auf tönernen Füßen. Und die Parteispitzen in Dresden und Erfurt müssen extrem vorsichtig vorgehen, damit ihre Partei in fünf Jahren nicht zusammenbricht.
Es ist schon lange nach 18:01 Uhr und seitdem geht es nur noch um die Parteien und wer wie und wo Macht bekommt.
Was wollte noch einmal das Volk, der Wähler?
Was haben wir für Beschlüsse und Richtlinien innerhalb der Parteien gehabt?
Was stand alles auf den Wahlplakaten?
Was haben wir bei Medien live und in Printform versprochen?
Ach alles egal, Hauptsache das Steuergeld fließt und genießen nun wieder Jahre Narrenfreiheit.
Das ist der Unterschied zwischen Aristokratie und Demokratie, nicht das Volk bestimmt, sondern Parteien die zusammen aller Mitglieder nicht einmal 3% der Bevölkerung widerspiegelt.
Und von den 3% wird klar hierarchisch von Bundesebene nach unten „diktiert“.
Würden Landesverbände Rückgrat haben, dann pfeifen sie auf die Diktate aus Berlin.
Geschieht nie wie der Bundesrat ja auch beweist, Zugeständnisse dort nur durch Machtzuwachs und Geschenke.
Wahlsysteme, wo das Volk nie abstimmte sind und bleiben Diktate von Parteien.
Tucholsky hatte recht.
Das BSW wird überschätzt. In der Fläche gibt es kaum Mitglieder, Mandatsträger und Ortsverbände.
Die CDU 2024 wird sich nicht mit dieser gehäuteten SED einlassen! Sonst verliert sie innerhalb kurzer Zeit den kompletten Westen Deutschlands und seine Wähler.
Die CDU könnte entspannt eine AfD-Regierung tolerieren ohne das Gesicht zu verlieren!
Ich denke, dass die CDU in den kommenden 5 Jahren den Weg der italienischen Democrazia Cristiana gehen wird. Da sich die CDU meilenweit davon entfernt hat, eine wirklich konservative Partei zu sein, hat sie sich überlebt. Niemand braucht eine weitere grünlinke Partei, selbst wenn sie sich CDU nennt.
Wird Sarah W. ihre Antikriegsposition aufgeben?
Das glaube ich nicht.
Aber sie nötigt die CDU zu schmerzhaften Kompromissen – man hört förmlich das Quietschen in der Bewehrung der Atlantik-Brücke.
Und wenn die CDU nicht will, wird man sich mit der AfD arrangieren, so wie die Spitzenkandidatin symbolisch erklärte:
„Wenn die AfD behauptet 2 + 2 ergäben 4, werden wir nicht antreten und behaupten, es wären 5.
Das sind versteckte Hinweise, wohin die Reise gehen könnte…
Die Sperrminorität verleiht dem Ganzen noch die nötige Würze.
Man kann das aber auch umgekehrt lesen. Die CDU hat gelernt, dass sie auch mit einem schwachen Kandidaten ein paar Prozentpunkte mehr holt, wenn sie als „Brandmauer“ die AfD zu verhindern verspricht.
Ich fürchte, das ist die Blaupause für den Wahlkampf 2025.
Dem Wählerwillen entsprechend, müsste es eine große Koalition geben. AfD mit CDU/CSU (oder umgekehrt).
Aber das nur 16% der Wähler überzeugt von der CDU sind zeigt doch gerade, dass erschreckend viele einfach aus Gewohnheit CDU wählen. Es sind meistens die Älteren, die sich vor den Kameras zwar gerne über die Zustände beklagen, aber an der CDU wie an einem Kegelclub festhalten; für die es sogar ein guter Charakterzug ist, einer politischen Partei unanhängig von der geleisteten politischen Arbeit über Jahrzehnte die Treue zu halten. Schlechte politische Arbeit wirkt sich bei der CDU daher leider nur wenig auf die Wahlergebnisse aus.